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ÖsterreicherInnen im Exil. Eine bio-bibliographische Datenbank Ein Projektbericht von Christine Kanzler Zu den Beständen des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW) zählen rund 380 Kurzbiographien von ÖsterreicherInnen, die in der Ära des „Ständestaats“ sowie des Nationalsozialismus ins Exil flüchten mussten. Die Erstellung der Biographien erfolgte auf Basis der Recherche in archiveigenen Sammelbeständen, der Kooperation mit einschlägigen österreichischen und ausländischen Forschungsinstitutionen sowie von Korrespondenzen und Interviews mit EmigrantInnen und deren Nachkommen. Die Biographien wurden sowohl in Textform als auch in Form einer Datenbank abgelegt. Da die erwähnte Datenbank aufgrund ihrer geringen Ausdifferenzierung (4 Felder) weder Ablage- noch Recherchebedürnissen optimal entspricht, wurde eine neue Datenbank konzipiert, die sowohl der Informationsdichte des Bestandes auf der Darstellungsebene als auch komplexeren Such- und Abfragemöglichkeiten gerecht werden soll. Es handelt sich um eine relationale Datenbank (MySQL), auf die über ein Webfrontend, das mit der Skriptsprache PHP/4 realisiert wurde, zugegriffen wird. Beides läuft auf einem Applikationsserver unter dem Betriebssystem Linux mit der Webserver-Software Apache. Die Datenbank wurde von Markus Mazanec (M-IT, IT Consulting and Solutions) eingerichtet. Ziel der Konzeption einer Feldstruktur war es, die Information der Textbiographien in einer übersichtlichen Gliederung möglichst vollständig, d.h. ohne wesentlichen Informationsverlust zu erfassen. Die Inhaltskategorien (Felder) sollten sowohl die allgemein für die Emigration als auch die für jene Gruppe der EmigrantInnen, die den Schwerpunkt der exilbezogenen Forschungen des DÖW bilden (politisches Exil) charakteristische Information aufnehmen. Die Grundstruktur der Datenbank gliedert sich in folgende Informationsabschnitte: Person: Personaldaten, Sozialbeziehungen und Wanderungsdaten Dieser Abschnitt enthält Felder zu den biographischen Eckdaten (Familienname, Vorname, Geburtsname, sonstige Namen, Titel, Geschlecht, Beruf, Geburtsdatum, Geburtsort, Geburtsland, Sterbedatum, Sterbeort, Sterbeland, Todesumstände, Staatsangehörigkeit. In den zusammengehörigen Feldern Beziehung und Art [der Beziehung] werden Familienangehörige, Bekanntschaften, Freunde und berufliche Kontakte namentlich erfasst, um die Person in ihrem sozialen Umfeld zu zeigen. Angaben im Feld Verfolgungsgrund sollen verdeutlichen, warum die Person zur Flucht gezwungen wurde, etwa aufgrund ihrer ethnischen oder politischen Zugehörigkeit. Wanderungsspezifische Daten werden in die Felder bzw. Feldgruppen März 1938 im Ausland (ja/nein), Aufenthaltsort; 1938-45 im deutschen Machtbereich, besondere Umstände; Emigrationsland; von, bis; Emigrationsumstände; remigriert (ja/nein); Remigrationsdatum eingetragen. Hier sollen die vielfältigen Verläufe der individuellen und kollektiven Wanderungsgeschichte veranschaulicht und mit den Aspekten von Widerstand und Verfolgung verknüpft werden: von der Unmöglichkeit der Rückkehr aus dem Ausland aufgrund der veränderten politischen Machtverhältnisse über den unfreiwilligen Aufenthalt im Machtbereich des Herkunftslandes durch Internierung oder Deportation aus dem Fluchtland, die illegale Rückkehr von Widerstandskämpfern bis hin zu Remigration bzw. Verbleib im Fluchtland oder Weiterwanderung. Ebenso sollen besondere Umstände der Emigration, wie z.B. kollektiver Emigrationsmodus (Kindertransport, Palästina-Transport) oder die Zugehörigkeit zu bestimmten Emigrantengruppen (TeilnehmerInnen an den Februarkämpfen, TeilnehmerInnen am Spanischen Bürgerkrieg) dargestellt werden können. Tätigkeit: Lebens- und Tätigkeitsgeschichte Die Feldgruppe Rolle; Institution; Typ der Institution; Ort; von, bis bildet eine Art Raster, in das die jeweilige Rolle der Person in bestimmten Institutionen in ihrem zeitlichen und örtlichen Kontext eingegeben wird. So erscheinen Bildungsweg, berufliche Laufbahn sowie gesellschaftliche und politische Aktivitäten einer Person in chronologischer Abfolge und liefern eine Übersicht über die verschiedenen Lebensstationen. Dazu gehört auch der Aufenthalt in Haftstätten und Lagern, so etwa die in vielen Fluchtländern übliche Internierung oder der Aufenthalt in einem Konzentrationslager. In den Feldern Preise, Auszeichnungen; Datum werden ensprechende öffentliche Würdigungen von Personen eingetragen. Um spezielle Leistungen der jeweiligen Person, wie etwa Erfindungen oder besondere Hervorbringungen im Bereich von Wissenschaft und Kunst bzw. die generelle Bedeutung, die sie für ihr spezifisches Tätigkeitsfeld erlangt hat, veranschaulichen zu können, wurde das Feld Charakteristik, besondere Leistungen konzipiert. Werk: Werkverzeichnis, Bibliographie, Nachlass- und Quellennachweis Dieser Informationsabschnitt enthält ein ausgewähltes Werkverzeichnis (Feld: Werk) sowie Angaben zur Sekundärliteratur (Feld: Literatur). Im Allgemeinen handelt es sich hierbei um schriftliche Werke, es werden aber auch Werke aus verschiedenen Kunstsparten (Film, Theater etc.) erfasst. Bei Kunstwerken wird, soweit nicht von vornherein verständlich, der jeweilige Werktyp zusätzlich vermerkt. Das Feld Nachlassstandort ermöglicht Angaben zu einem allfälligen Nachlass, die allerdings bei den allermeisten Biographien derzeit noch nicht vorhanden sind. Im Feld Quellen wird auf die zur Abfassung der Biographie neben der Sekundärliteratur verwendeten Materialien und Dokumente verwiesen. Schließlich besteht die Möglichkeit, Personen, die auch in anderen Datenbanken des DÖW erfasst sind ( „Namentliche Erfassung der österreichischen Holocaustopfer“, Fotodatenbank) in eigenen Feldern mit der jeweiligen ID-Nummer bzw. Signatur zu vermerken. In ein für den Benutzer nicht sichtbares Feld können Anmerkungen des Bearbeiters/der Bearbeiterin eingegeben werden. Personen in der Datenbank, die zu einander in Beziehung stehen, sind über Hyperlinks mit einander verknüpft. Durch Eingabe der jeweiligen ID-Nummer, über die jede Person verfügt, entsteht im Feld Beziehungen ein Link; durch Anklicken des Links in der Ausgabemaske erscheint der Datensatz der jeweiligen in Beziehung stehenden Person. Die Übertragung der Daten in die Datenbank erfolgte anhand der Textbiographien. Die den einzelnen Inhaltskategorien der Datenbank entsprechenden Textteile wurden in die Felder übertragen bzw. diese sinngemäß befüllt. Bei der Übertragung wurde vor allem auf eine konsistente Terminologie Wert gelegt. An die Übertragung schloss sich ein Korrekturdurchgang, der eine weitere Vereinheitlichung zum Ziel hatte. Die Datenbank soll Benutzern des Archivs vereinfachte Zugangsmöglichkeiten zum biographischen Bestand an Exilierten verschaffen. Neben einer Volltextsuche kann nach den Feldern Familienname, Beruf, Emigrationsland, Geburtsdatum, Geschlecht und anderen mehr abgefragt werden, wobei eine kombinierte Suche über logische Operatoren möglich ist. Zur Erleichterung der Suche wurden ein Länder- und ein Berufsindex erstellt. Die Datenbank ist im Lesesaal des DÖW öffentlich zugänglich. |
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